Interview mit Teut Weidemann

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Teut Weidemann ist ein deutscher Videospiel-Entwickler der ersten Stunde. Er hat bei Rainbow Arts gearbeitet und war beteiligt an legendären Spielen. In nur drei Jahren war er für über siebzig Titel mitverantwortlich.

AGF:
Hallo Teut, du bist ein Urgestein der deutschen Videospiel-Entwicklung und hast gerade im C64 und Amiga-Bereich Großes geleistet.

Wie kam es, dass man anscheinend gleich zu Beginn in eine so große Sache stolperte?

Woher kommt die Leidenschaft zu Videospielen, und woher nahmst du deine Kenntnisse der Grafik und Programmierung? 

Bitte einfach mal erzählen, wie alles anfing.

Teut
Durch den Beruf meines Vaters bei der Bundeswehr sind wir oft umgezogen und landeten sieben Jahre lang auf der Airforce Base in Ramstein. Dieses „Klein Amerika“ gab mir Zugriff auf Arcade-Automaten und die ersten Videospiel-Formate. Das weckte meine Leidenschaft. Durch den Umzug nach Bayern, 1980, kam ich dann in den Genuss von Informatikunterricht an einem der ersten Gymnasien, die das angeboten hat. In nur einem Jahr war ich Nerd und wusste mehr als die Lehrer – und ich habe nicht nur die Lehrer unterrichtet, sondern sogar den Informatik Unterricht gehalten, wenn der Lehrer mal wieder keine Lust hatte.

Auf dieser Schule fingen wir schon an, selbst Spiele (oder Spielchen) zu programmieren und auf dem Schulhof auf Kassette zu tauschen (Ja, Disk-Laufwerke gab es noch nicht.). In unserer Nerd Gruppe in München haben wir dann größere Spiele programmiert und an Publisher verkauft, wie zum Beispiel Kingsoft, wenn man die Publisher nennen konnte. Damals war alles halt noch sehr klein und amateurhaft, weil alle noch lernten, wie das Ganze funktioniert. Durch Sarcophaser, einem Spiel meines Freundes Andreas von Lepel, wo ich die Grafik und Leveldesign gemacht habe, kam ich dann in den Kontakt mit Rainbow Arts und arbeitete für die in den Semester-Ferien. Ich besorgte mehr Spiele für Rainbow Arts durch meine Kontakte in die Szene. Irgendwann fragte mich dann der Chef, Marc Alexander Ullrich, warum ich studiere, und machte mir ein Angebot, was ich nicht ausschlagen konnte, und war plötzlich Entwicklungsleiter, verantwortlich für alle Projekte der Firma.

AGF:

Welche Aufgaben hattest du genau bei Rainbow Arts?

Teut

Das kam auf das Projekt an. Viele der Spiele wurden von Teams außerhalb erstellt, die meisten von Studenten, Schülern oder Hobbyisten. Diese zu koordinieren, das Projekt “in time” fertig zu bekommen und die Qualität zu sichern, war damals etwas schwerer als heute, schließlich hatten wir nur Telefon und Brief …

Einige der Spiele habe ich designed, wie zum Beispiel X-Out. Meistens war das Design aber Teamarbeit, wie zum Beispiel MUDS oder Apprentice.
Damals waren die Spiele noch etwas übersichtlicher vom Aufwand, sodass ein Designer noch kein Ganztagsjob war.

Neben diese Projekt-Aufgaben war ich noch der Kontakt zu den Vertriebspartnern, also Firmen, deren Projekte wir in DACH (Deutschland, Österreich, Schweiz) vertrieben haben. Darunter EA, MicroProse, Lucasfilm Games, SSI u.v.m. Daher kommen meine ganzen
USA-Kontakte.

AGF:

Welche waren die bedeutendsten Titel für Amiga, an denen du beteiligt warst? Und welche waren dir besonders wichtig, oder lagen die am Herzen? Auch in Nachhinein betrachtet.

Teut:

Also von der Fanpost und Reaktion waren das bestimmt Apprentice, MUDS, Katakis, Turrican und das Kelloggs-Spiel, das aber nach Rainbow Arts entstanden ist. Aber meine Beteiligung war wohl an Katakis C64 am kleinsten. Amiga wenig mehr, Turrican war ich nur auf Amiga und C64 in der ersten Hälfte zuständig, bevor ich es an den Producer Julian Eggebrecht abgegeben habe.

Übrigens, der Grafiker des Kelloggs-Spiels und Co Designer, war derselbe wie bei MUDS und Grand Monster Slam. Ein Talent, was Grafik, Game-Design und Leveldesign beherrschte.

Besonders wichtig war mir MUDS. Es war das teuerste Projekt von Rainbow Arts, weil Lucasfilm es weltweit vertreiben wollte (!). Zum Vergleich: die meisten Amiga Titel kosteten 20 – 30.000 DM, MUDS hat fast 600.000 DM gekostet. War es trotzdem ein Erfolg? Aber ja, 86.000 Stück zum Vollpreis verkauft, machten fast 2.5 Mio. Umsatz für die Firmengruppe. Dazu kamen noch Budget, Vermarktung, Bundles usw.

So ein großes Team hatten wir selten an einem Spiel. Zudem war es gerade auf PC damals eine technische Meisterleistung. 60Hz Scrolling, Digitalsound über den piepsigen Speaker und die Tiefe. Ein Vorläufer moderner Sport-Manager, würde ich sagen. Jeder einzelne an dem Projekt hat Großartiges geleistet. Und wir haben schöne Erinnerungen daran.

Und das Spiel ist nur ein 1,2 MB-E-Mail-Anhang und läuft heute noch sehr gut in einer
DOSBox 🙂

AGF:

Du hast damals die Jungs von Factor 5 ins Rainbow-Boot geholt. Wie lief die Sache ab, wie kam es dazu?

Teut:

Es gab ein Nerd-Treffen in Köln. Ich nenne es mal so, weil Cracker-Treff trifft es nicht ganz, auch wenn wir Spiele getauscht haben. 

Ich programmiere gerade ein R-Type Clone, mein damaliger Lieblingsautomat. Ein anderes Team hatte auch einen, und wir verglichen. Meiner sah besser aus aber lief nur in 25Hz, deren lief in 50Hz.

Als Rainbow Arts mich nach neuen Projekten fragte, habe ich dieses Team gefragt, ob sie Lust haben, das Spiel für uns fertig zu machen. Und da sie sich einen Namen in der Cracker- und Demoszene gemacht haben, suchten sie ein Namen für ihre kommerziellen Spiele (was ja verpönt war damals in den Kreisen). Sie nannten sich Factor 5, wobei es mehr als fünf waren, wenn man die Teilzeit Mitarbeiter unter dem Freundeskreis mitzählt, die heute noch aktiv die Fanszene unterstützen.

Da wir ein Solo-Amiga-Projekt schlecht vermarkten können, (Marketing-Kosten nur für ein Format) kam Marc Ullrich auf die Idee, das als Katakis-Amiga zu vermarkten und mit dem Manfred Trenz Shooter Katakis gleichzeitig zu vermarkten. Deswegen waren die zwei Spiele trotz gemeinsamer „Vorlage” so unterschiedlich.

Nach Katakis beauftragten wir Factor 5 mit der Turrican Amiga-Umsetzung, dem Folgeprojekt von Manfred Trenz. Zu dem Zeitpunkt hatte ich so viele Projekte, dass ich Hilfe brauchte und drei Producer angestellt: Boris Schneider, Martin Gaksch und Julian Eggebrecht. Da Julian Action affin war, gab ich ihm Factor 5 als Projekt – der Rest ist Geschichte.

AGF:

Wie gestaltete sich die Zusammenarbeit mit den teilweise sehr jungen Entwickler-Teams?

Teut:

JA das war ein Problem. Da mussten wir per Telefon und Brief junge Teams steuern, ein Produkt abzuliefern. Das dauerte echt lange und hatte viel „lag”. Mit den meisten machte man aus, dass sie regelmäßig vorbeikamen, aber bei manchen half das nicht. Da gab es dann Geschichten, die sehr merkwürdig klingen heute, aber man musste ja ein Projekt fertig machen. Die krasseste Geschichte landete dann vor Gericht, wo sich die Firma dann gegen die Eltern verteidigen musste. Aber Details erspare ich euch.

AGF:

Rainbow Arts hatte damals sogar bei Aldi seine Spiele verkauft, muss doch ein gutes Geschäft gewesen sein. 

Teut:

Um gegen den Zeitdruck der Raubkopien zu gewinnen, mussten wir schnell auf breiter Fläche die Spiele verkaufen. Denn nach paar Wochen ging nix mehr, sobald die Raubkopie überall verfügbar war. Das dauerte so 4 – 6 Wochen. Daher waren einige Titel bei Aldi gelistet. Das Problem war, wenn der Titel zu spät kam und rechtzeitig in den Regalen bei Aldi lag, schickte jede der Aldi-Filialen eine Abmahnung. Bei hunderten von Filialen war das teuer und konnte schnell zum Ruin führen. Daher ja, wenn alles glatt ging, war es gut, wenn etwas schief ging, war der Profit der vergangenen Titel dahin.

Teut Weidemann Ende der 80er.

AGF:

Wie kritisch saht ihr damals die Hacker- und Kopierszene?

Teut:

Die meisten Teams, die an Spielen werkelten, waren ja aus der Szene. Das war so ein seltsames Miteinander und Gegeneinander. Da benutzten wir Spezialisten aus der Szene, unseren Kopierschutz zu verbessern, und die Szene lieferte sich einen Wettbewerb, wer zuerst eine lauffähige Kopie in den Umlauf brachte. Das war schon eine komische Situation.

Wenn man die Seite wechselte, also kommerzielle Spiele schaffte, wurde man von der Szene nicht gerade gelobt. Sucht mal nach dem Interview Radwar – Grafenreuth – Weidemann auf YouTube, da merkt man ein bisschen den humorvollen Umgang.

Dass es hier um ein Geschäft ging, und der Lohn der Mitarbeiter auf dem Spiel stand, war der Szene nicht so klar. Schließlich war die Industrie jung und unerfahren. Beide Seiten lernten, was dies bedeutet.

Jedoch basiert ein Großteil der Industrie immer noch auf diesen Talenten. Gerade Finnland, als Beispiel, lobt immer wieder ihre Historie in der Szene und Demoszene. Und dass es Teil des Erfolges ihrer Spiele-Industrie sei.

Unsere Taktik war Geschwindigkeit: Das Spiel auf so vielen Plattformen (C64, Amiga, Atari ST, Amstrad, Spectrum, später auch PC) gleichzeitig europaweit in den Laden zu stellen. Das synchron hinzubekommen, war schwer. Ein Fehler, und der Umsatz eines Landes fällt weg, weil die Kopie schon da war.

Sobald dies der Fall war, schnell in das Budget-Segment und danach in die Drittvermarktung (Bundles, Zeitschriften, etc.). Nur so ging es.

AGF:

Wie siehst du heute deine Zeit bei Rainbow Arts?

Teut:

Also wir wussten damals ja alle nicht, was wir tun. Wir lernten am Job. Es gab keinerlei Erfahrungswerte, auf die man bauen konnte. Das war sozusagen unsere Ausbildung. Und es war klasse, denn man konnte experimentieren, zusammen Ideen beisteuern und probieren. Denn Fehlschläge waren günstig: Spiele kosteten damals paar Zehntausend DM zur Entwicklung. Heute sind das hunderte von Millionen für Blockbuster. Da ist das Risiko viel größer.

Ich zehre immer noch von den Lektionen von damals. Und da man sein Hobby zum Beruf machte, war man immer am Arbeiten, aber hatte riesig Spaß und nie Stress – denn sonst wäre es ja kein Hobby.

Nur damals wussten wir alle nicht, was für Pioniere die Teams damals waren. Das merkte man erst viele Jahre später. Und klar, heute ist man stolz drauf, und sicherlich alle, die damals an den Hits gearbeitet haben, denken gerne an die Zeit zurück.

AGF:

Warum hast du Rainbow Arts nach drei Jahren verlassen? 

Teut:

Rainbow Arts hatte drei enge Freunde als Führungsmannschaft: Marc Ullrich als Geschäftsführer, Bernard Morell als Produktionsleiter und mich als Entwicklungsleiter. Es gab dann da eine Frauengeschichte, die die Freundschaft des Trios störte – unabsichtlich – aber ich heiratete sie später und bekam vier Kinder . Details erspare ich euch mal 🙂 

AGF: In dieser Ausgabe des Amiga Germany Fan‘Zine gibt es auch einen Bericht über „Apprentice“, bei dem du sehr stark beteiligt warst. Wie wichtig ist dir heute dieser Titel, was verbindest du mit ihm?

Teut:

Es gibt nur ein paar Titel, von denen ich heute Fanpost bekomme. Und Apprentice gehört erstaunlicherweise dazu. Denn es war ein Nischen-Release, eine Not-Produktion auf Basis fertiger Grafiken, nie gedacht dazu, so ein langes Leben zu haben. Dementsprechend ist man stolz drauf – aber auch hier erkannten wir erst viel später, was den Titel so speziell machte. Damals nicht. Die anderen Titel sind übrigens Katakis, Turrican, X-Out und MUDS

AGF:

Du hast viel mit Manfred Trenz zusammengearbeitet.  Dass er ein Genie in Sachen Spielentwicklung war, ist unumstritten, aber was war er für ein Mensch? Kannst du irgendetwas über ihn erzählen? 

Teut:

Manfred war kein Teamplayer. Er war immer bockehrlich, egal wem gegenüber. Die Geschichte, die ich immer noch gerne erzähle ist, dass ein Geschäftsführer eines Partnerunternehmens in sein Büro kam und irgendwas über sein Projekt, an dem er arbeitete sagte, und Manfred ihn einfach rausschmiss. Andere würden dafür gefeuert werden, aber Manfred war halt das Solo-Genie. Schwierig – aber gut.

Er wollte alles besser machen können als die Kollegen – und tat dies auch. Er startete als Grafiker, brachte sich Programmieren bei, weil er sich über die anderen aufregte, es nicht gut genug zu tun. Und sein erster Titel war Katakis C64. Krass, oder?

Bei Turrican wollte er alles besser machen, Programmieren, Grafik etc. Es war schwer, ihn zu überreden, Hilfe anzunehmen wegen dem Zeitdruck, daher gab es ein paar, die da mitmachen durften, sozusagen.

Als die Teams wuchsen und Teamarbeit notwendig war, ein Spiel zu machen, war es schwer für Manfred. Er fand dann paar Jahre auf Gameboy seine Solo-Arbeit. 

AGF:

Hast du heute noch mit einem Teil der Jungs von damals Kontakt? 

Teut:

Ja, dank Social Media. Factor 5, klar, mein Patenkind ist da Lead Artist, dabei sollte er bei denen nur ein Praktikum machen. Zu Boris Schneider, Andreas Escher und anderen pflegt man halt Kontakt ab und an, aber die Entfernung macht es schwer. Da sind Konferenzen und die Retro-Messen gut, aber dank Corona gibts die auch nicht mehr.

X-Out

AGF:

Bedeutet dir der Amiga heute noch etwas, hast du noch einen? 

Teut:

Also leider nein, ich hatte ja damals einen der ersten Amiga 1000 in Deutschland, und ich habe dadurch den ersten Test in dem 64er Magazin geschrieben. Den habe ich irgendwann blöderweise verkauft. Aber den Commodore SX64, auf dem ich viel programmierte damals, den habe ich noch, und der rennt noch wie damals perfekt.

AGF:

Was war/ ist besser, Spiele entwickeln damals oder heute? 

Teut:

Egal eigentlich, denn das Interessante an unserer Branche ist, dass es nie langweilig wird. Immer wieder passiert was Neues, was alles über den Haufen wirft. 3D, CD-ROM, DVD, Konsolen, Internet, F2P, Mobile usw. Und ich finde es klasse, dass selbst heute noch kleine Teams beweisen können, dass man mit wenig Hits bauen kann. Siehe Steam-Indie-Titel oder manche Mobile Games. So muss das.

AGF

Was vermisst du an heutigen Spielen und was gar nicht? 

Teut:

Mut. Damals konnten wir machen, was wir wollen. Da gab es keine Marktforschung, Zielgruppen Analysen, Best Practices. Aber dank der Indies ist der Mut zurück und zeigt, was wir noch können. Survival oder Battle Royale zum Beispiel wäre nie ohne Indies so groß geworden. 

Was ich nicht vermisse, ist der Kampf mit Raubkopien. Dank online ist man da sicher.

AGF:

Die drei besten Spiele aller Zeiten? 

Teut:

Die Ultima-Serie. Weil sie als Erstes zeigte, was RPG’s sein können. Elite. Weil es das erste Universum auf einem 64kb Rechner war. 

Mario 64, weil es alle Standards setzte, wie 3D-Spiele zu funktionieren haben und heute noch seinen Einfluss zeigt.

Also die drei von damals. Bis heute wäre die Liste anders und müsste Meilensteine, wie Dark Souls, ICO, DayZ, Shadow of the Colossus, Breath of the Wild, u.v.m enthalten. Halt Spiele, die starken Einfluss auf die Industrie hatten.

AGF:

Als was und wo arbeitest du heute? 

Teut:

Ich bin Creative Director bei Stratosphere Games in Berlin und arbeite an Homeworld Mobile, basierend auf der IP von 1999. Halt nur als Online-MMO auf Mobile 🙂

Daneben berate ich immer noch Firmen in Online Game Design und F2P, wie zum Beispiel Remedy, Jagex, u.v.m.

Apprentice

Zusätzliche Fragen zum Amiga Spiel Apprentice:

 

AGF:

Es ist ein Spiel mit Realtime-Welten?

Das heißt, wenn ich hier ein Kiste ablege, steht sie später auch noch dort. Hatte sich das einfach so ergeben, oder war das ein Grundkonzept des Spiels? Mir ist das damals gar nicht aufgefallen.

Teut:

Das kam aus der Notwendigkeit nach der Idee, “hey lass uns den Spieler Kisten schieben und bauen”. Da der Spieler dadurch Kisten aus dem sichtbaren Bereich kicken konnte, musste man diese nachhalten. für den Programmierer Axel Hellwig war das ein Wochenende Arbeit und fertig war‘s. Ein Genie-Trick hat ihm da geholfen.

AGF:

Wie kam die Idee mit den Kisten zustande? 

Teut:

Wir hatten die Kisten als fertige Grafik und benutzten diese nur als Level-Element. Irgendwann konnte man sie kaputtmachen, und irgendwann kam die Idee, dass der Spieler sie kicken konnte. Warum auch nicht tragen? So kam das zustande.

AGF:

Wurde das Spiel durch etwas inspiriert? 

Teut:

Ja klar, durch alle Jump’n Runs der Zeit. Mario war da sicher eines von vielen. Emerald Mine (Schieb Schieb) und Sokoban.

AGF:

Axel Hellwig lebt ja leider nicht mehr.

Wir würden das gerne erwähnen, und ihm irgendwie diesen Beitrag widmen. Ist es ok, wenn wir kurz was über ihn erzählen, wie er so war, was seine Motivation und Inspiration war? Wann er gestorben ist. An was, ist nicht unbedingt wichtig und nötig. Du entscheidest, was erzählt werden soll, und was ok ist.

Teut:

Axel war ein sehr guter Programmierer und war dabei ein normaler Mensch geblieben, mit dem man abends essen gehen konnte. Das klingt seltsam, aber damals waren die meisten Nerds, die nicht unter Leute gingen, abends eher vor dem Rechner saßen. 

Axel war ein „dufter Typ”, wie ihn jemand nannte. Und wir arbeiteten gerne mit ihm. Er war zudem im Gegensatz zu vielen anderen zuverlässig und immer bereit, was extra zu tun.

AGF:

Was hast du genau am Spiel gemacht?

Teut:

Produktion, Lead-Game-Design, Organisation, QA und Mastering. 

AGF:

Wer ist T.V. Rappe? Der wird als Grafiker angegeben? Keiner weiß, wer er ist. 

Teut:

Er ist, soweit ich mich erinnere, der Bruder von Olaf Rappe, der zum Beispiel den
Volleyball- Simulator programmiert hat. TV arbeitete an mehreren Grafiken, aber konnte schwer eigenes bauen. Er war aber sehr gut, Vorhandenes zu editieren, modifizieren und einbaubar ins Spiel zu machen. Da die Grafik von Apprentice fertig geliefert wurde, war er genau dafür perfekt.

AGF:

Wie lange habt ihr für die Entwicklung das Spiels gebracht

Teut:

Gute Frage, weiß ich nicht mehr, aber selten hat ein Spiel hat länger als sechs Monate gedauert. Rekord war R-Type Amiga in 3.5 Monaten. Am längsten war Rock’n Roll
(ein Jahr) und MUDS (glaube 1.5 Jahre?)

AGF:

Wie erfolgreich war es? 

Teut:

War ok, sag ich mal. Die Kosten waren ja übersichtlich, mit nur zwei Mitarbeitern. Und meine Kosten wurden ja auf alle Projekte umgelegt. Da man auf jeden Fall 10.000 Stück verkaufte, kamen da 1 – 200.000 DM rein. Profitabel auf jeden Fall, Hit eher weniger. Ich glaube, wir hätten es auf mehrere Plattformen bringen müssen und besseres Cover machen sollen.

AGF:Gibt es irgendwelche Anekdoten zum Spiel? 

Teut:

Das Einzige war, wie es zu dem Projekt kam. Ein Freund des Geschäftsführers, Marc Ullrich, hatte sich Geld geliehen und konnte es nicht zurückzahlen. Dafür hat er einfach ein paar 3.5” Disketten mit Grafik hingelegt. 

Marc Ullrich gab mir die Disks und sagte einfach “Teut mach ein Spiel draus”. So kam es zu Apprentice. Die Grafik war Inspiration und gleichzeitig auch der limitierende Rahmen, in dem wir uns bewegen mussten.

Die Besten kamen Jahre danach, als mich Leute nach dem Spiel fragten, und ich so: “WTF, ich hab 70+ Spiele für Rainbow Arts produziert, und ihr fragt nach Apprentice?”. Das war schon cool.

Das wars. Wir danken dir für dieses Interview. Es war uns eine Ehre!