Interview mit Rolf-Dieter Klein, dem Schöpfer von Ports of Call
Hallo Rolf-Dieter, es freut uns sehr, dass du dir etwas Zeit nimmst, um unsere Fragen zu beantworten.
Du bist wirklich kein klischeehafter Videospielentwickler, und das meine ich im positiven Sinne. Wenn man deine Aktivitäten der vergangenen Jahrzehnte betrachtet, kann man nur staunen. Für uns ist natürlich Ports of Call am interessantesten, das von dir entwickelt wurde, aber auch die anderen Projekte sind durchaus erwähnenswert.
AGF: Woher kommt deine Begeisterung für Elektronik, Programmierung und überhaupt Technik? Du hast 1981 deinen Abschluss als Dipl.-Ing. der Elektrotechnik an der TU München gemacht. Das ist sicher eine gute Grundlage. (-;
Rolf-Dieter:
Ja, ich hatte schon viel früher mit Elektronik zu tun. Mein Vater hatte damals die Firma P.E.K. Elektronik in Tettnang, mit Lehrsystemen und auch Oszilloskopen. Mit ca. 8 Jahren habe ich dann intensiver z. B. mit KOSOM-Kästen gebaut. Mit ca. 13 Jahren hatte ich das erste Patent und Gebrauchsmuster. Das erste Buch über Mikroelektronik entstand mit ca. 18–19 Jahren, beim Start des Studiums.
AGF: Was hat es mit den NDR-Klein-Computern auf sich?
Rolf-Dieter:
Der entstand damals als Folge des modularen Rechners (es gab auch ein paar Bücher dazu). Ein Redakteur hatte über die Bücher Kontakt zu mir aufgenommen, da er ein Lernsystem suchte. Das habe ich dann speziell für die TV-Serie entwickelt.
AGF: Wie bist du zur Fernsehsendung ComputerTreff des Bayerischen Fernsehens gekommen, die du dann eine ganze Weile moderiert hast?
Rolf-Dieter:
Als Begleitung zur NDR-TV-Serie des NKC hatte der Bayerische Rundfunk, z. B. Redakteur Eckhard Huber, damals eine Begleitserie mit mir gestartet. Später wurde es zur eigenständigen Sendung mit Messebesuchen und Neuvorstellungen. Die Sendung habe ich später auch in meinem kleinen Studio mit Bluebox produziert.
AGF: Danach hast du begonnen, dein eigenes Spiel zu entwickeln: Ports of Call. Gab es davor noch ein anderes, oder war es wirklich dein Erstlingswerk?
Rolf-Dieter:
Das entstand damals als Erstlingswerk zusammen mit dem Regisseur Martin Ulrich, mit dem ich an den Drehbüchern zum NDR-Klein-Computer gearbeitet hatte. Parallel zur Entspannung (es waren ja ein paar Wochen) hatten wir am C64 Spiele gespielt. Da kam die Idee, nach ein paar Wirtschaftsspielen wie Hanse (oder Hansa) und Mühle, selbst ein Wirtschaftsspiel zu entwickeln. Martin Ulrich kannte sich gut im maritimen Bereich aus. Er hatte dann auch das Konzept entwickelt und die Daten besorgt, z. B. in London. Wir haben dann ein grobes Spiel auf dem Amiga gebaut, da der damals mit Betriebssystem und Grafik am besten war, meiner Meinung nach.
AGF: Woher kam das Interesse am Seehandel und an Frachtschiffen? Das ist ja wirklich ein ganz anderes Thema. Anscheinend wurde das Ganze mit viel Leidenschaft und Realismus behandelt.
Rolf-Dieter:
Ja, genau. Da hat Martin Ulrich viel beigetragen. Er war auch auf hoher See und hatte durch seine Regiearbeiten viel Erfahrung damit.
AGF: Du hast das Spiel nicht alleine entwickelt. Martin Ulrich, Richard La Barre und James D. Sachs waren ebenfalls dabei. Wie habt ihr euch kennengelernt und wie kam das Team zusammen? Es war ja scheinbar mehr eine Freizeitentwicklung.
Rolf-Dieter:
Ja, zunächst Martin Ulrich. Ich bin dann in die USA gereist, um Aegis-Leute zu treffen. Wir hatten dann einen Vertrag abgeschlossen, und Jim Sachs und La Barre kamen dazu, um unsere ursprünglich primitiven Grafiken umzubauen (im Buch Ports of Call zu sehen). Leider haben wir von Aegis nie einen Cent erhalten und mussten einen Anwalt einschalten – wir wurden also auch dort reingelegt. Erst später haben wir das Spiel auf PC konvertiert und über Activision und Mediagenics nochmal vertrieben, später dann nochmal über Astragon. Parallel entstand der 3D-Teil zusammen mit Disney Cruise Lines. Leider durften wir dort keine große Werbung machen (alle vier Disney-Schiffe hatten unseren Schiffssimulator mit eigenem Spielverlauf).
AGF: Ihr nanntet euch „International Software Development Corp.“ Wie seid ihr auf diesen Namen gekommen? Es blieb ja auch nur bei diesem einen Spiel.
Rolf-Dieter:
Ich weiß nicht mehr, woher der Name kam, ggf. von einem der Vertriebler. Es blieb bei dem Spiel nach dem schlechten Start damals. Wie gesagt, es gab ein paar Spezialversionen von Ports of Call, auch eine Museumsversion, die in Åland lief (oder lief) – im Museum mit Steuerrad. Für die Otto-CD-ROM hatten wir noch ein paar ganz einfache Spiele entwickelt.
AGF: Wie verlief die Entwicklung des Spiels, was war besonders schwierig, und wie lange dauerte es, bis es fertig war?
Rolf-Dieter:
Bis zu einem laufenden ersten Spiel waren es, denke ich, ca. 1–2 Jahre. Zum Glück konnten wir uns oft mal treffen (neue Folgen NDR und Dreharbeiten). Nach dem Start mit Aegis waren es noch einmal ca. 1 Jahr. Die 3D-Version dauerte auch ca. 1–2 Jahre (erste Version war für Disney Cruise Lines), dann auch die Deluxe-Version nochmal 2 Jahre.
AGF: Wie erfolgreich war Ports of Call wirklich? Unter der Kopiergesellschaft war es ja überaus beliebt, aber wie viele wurden letztlich verkauft? War dir der große Beliebtheitsfaktor des Spiels damals bekannt? Auch heute haben viele sehr positive Erinnerungen daran.
Rolf-Dieter:
Vom Amiga hatten wir leider 0,0 Cent erhalten – außer einer Tafel Schokolade von Aegis zum ersten Weihnachten, die allerdings entsorgt wurde aus Angst. Da haben wir auch keine Zahlen erhalten. Dann bei der ersten PC-Version waren das eher Bundle-Geschäfte. In meinem Shop kann ich es etwa abschätzen: Seit ca. 20 Jahren haben rund 25.000 User das Spiel bezahlt.
AGF: Was uns damals sehr beeindruckte im Spiel, war das Portrait von dir. Wie wurde das Ganze umgestzt?
Rolf-Dieter:
Das war von Jim Sachs handgezeichnet anhand eines Fotos.
AGF: Trieb dich das Manövrieren der Schiffe damals nicht auch in den Wahnsinn? (-;
Rolf-Dieter:
Ja, wir mussten es ja ausgiebig testen, wie viele Tage Arbeit damals zu Aegis-Zeiten, dann immer wieder bei PC-Versionen, Mobilversionen (iOS und Android) – und nicht nur damals, auch heute noch bei der neuesten Version Deluxe 2024.
AGF: Welche Spiele hast du privat gespielt, und wer waren deine Vorbilder?
Rolf-Dieter:
Damals, wie gesagt, waren es Spiele wie Hansa, Mule, aber auch Alice im Wunderland auf dem C64. Amiga: Defender of the Crown (auch von Jim Sachs). Heute spiele ich auch ab und zu, neben Aufbauspielen, Online-Spielen, Strategie usw. (Das ist auch ein Thema für POC).
AGF: Ports of Call wurde in den letzten Jahren ja erneuert und immer weiter ausgebaut. Kannst du uns etwas darüber erzählen?
Rolf-Dieter:
Ja, ich versuche es immer weiter aufrechtzuerhalten. Impulse kamen auch oft von außen. Damals, 200x, kam die Disney-Geschichte: Einer der Kapitäne kannte das Spiel, dann hat Disney Imagineering übernommen. Pocsim3dII entstand davor aus dem RTL-Skispringen – wir mussten damals Kameratracking programmieren, zunächst mit Virtools, aber nachdem einiges beim Matching nicht ging, kam auch die eigene Engine von Pocsim3dII Deluxe usw. – ich habe die Techniken immer wieder nach POC transportiert. Denke, Steam hat mir jetzt nochmal den Drive gegeben weiterzumachen. Die Oberfläche ist super, und man erreicht wieder viele Leute.
AGF: Als was hast du damals und heute hauptberuflich gearbeitet?
Rolf-Dieter:
Ich war hauptsächlich als Hard- und Softwareentwickler tätig, damals viel für Lehrsysteme wie NDR Kleincomputer, in letzter Zeit auch als Entwickler und Berater fürs LRT (Lehrstuhl für Raumfahrtechnik). Zwei Transceiver auf je zwei Cubesats fliegen im All (einer davon noch im Orbit). Dann im forensischen Bereich mit Spektralanalyse von speziellen Stoffen und neuerdings auch im Bereich nichtinvasiver Glucose-Messung, da gibt es auch Patente dazu.
AGF: Du warst oder bist auch im ufologischen Bereich tätig, in dem Phänomene dieser Art untersucht werden. Wie kam es dazu? Was ist deine Meinung zu diesen Sichtungen? Sind sie alle erklärbar oder doch etwas Außerirdisches?
Rolf-Dieter:
Ja, stimmt schon, da sich damit öffentlich zu beschäftigen doch erhebliche Probleme mit sich bringt, trete ich da schon länger nicht mehr auf. Damals hatte ich hauptsächlich mit Bildanalysen zu tun – das braucht man heute nicht mehr unbedingt. Das Thema ist unglaublich komplex und schwierig; ich verfolge es daher nur am Rande und habe da auch noch gute Kontakte.
Aber was außerirdisches ist, keine Ahnung. Ggf. ist es einfach sehr komplex, aber sicher nicht so einfach zu erklären, wie es oft gemacht wird, vermutlich eine Mischung von vielen Dingen. Ich empfehle dazu die Literatur von John Alexander (den ich auch persönlich kennengelernt habe, und zu dem ich immer noch leichten Kontakt pflege – er hat mich mal vor vielen Jahren in dieser Sache besucht).
AGF: Danke für dieses Interview, es war uns eine Ehre.
Rolf-Dieter:
Gruß
Martin Becker / Markus Dierolf